
„Da haben wir aber nochmal beide Augen zugedrückt.“ Diese Haltung, die die deutsche Politik zur Zeit gegenüber Griechenland verströmt, macht mich gelinde gesagt ein bisschen nachdenklich. Gönnerhaft gibt man sich, arrogant, um den Ärger gegenüber der Widerborstigkeit der neuen griechischen Regierung irgendwie zu kanalisieren. Und vorneweg rollt der Finanzminister: „Den dummen Jungs in Athen müssen wir ordentlich auf die Finger klopfen.“ Kommt mir irgendwie weder besonders diplomatisch noch erwachsen vor. Ich bin nun kein Finanzexperte, aber durchaus geneigt zu glauben, dass Korruption ein großes Problem im griechischen Finanzsystem ist. Angesichts des heutigen Rostocker Polizeirufs STURM IM KOPF stelle ich mir aber die Frage, wie korrupt es eigentlich in der deutschen Hochfinanz / Hochpolitik zugeht. Das ist doch immer so, mit dem Splitter im Auge des nächsten und den Balken im eigenen Auge, oder? Vor allem, wenn man sie ständig zudrückt. Angesichts der zunehmenden Ökonomisierung aller Lebensbereiche, angesichts der sogar in der Öffentlichkeit wahrgenommenen Austauschbarkeit von Minister- und Aufsichtsratposten scheint mir da ein hinreichender Anfangsverdacht für Ermittlungen vorzuliegen. Was den gesellschaftspolitischen Hintergrund betrifft, erhält der Fall von der Ostsee jedenfalls schon mal volle Punktzahl von mir.

Schwerer tat ich mich anfangs mit den persönlichen Verwicklungen im Ermittlerteam. Bei – wievielen? – rund 26 Mordkommissionen, die derzeit für Tatort und Polizeiruf in der ARD unterwegs sind, kann man natürlich nicht allen liebevoll angelegten Entwicklungen zwischen den Polizisten folgen. Glücklicherweise wurden die nötigen Informationen (Kommisar Bukows Frau hatte ein Verhältnis mit seinem Kollegen Thiesler) nachgeliefert und das sogar ziemlich elegant. Überhaupt: Chapeau für dieses Drehbuch (Florian Oeller). Ich rekapituliere: Der Chef einer Offshore-Windpark-Firma wird erschossen am Hafen gefunden, und ein potentieller Täter taucht wenig später mit einer „Fugue“ (einer dissoziativen Amnesie, aber das altbackene französische Wort ist natürlich viel schöner) in der Psychiatrie auf. Während Kommissarin König an die Verbindung mit einem Fall vor sieben Jahren glaubt, der sie ihren Posten beim LKA gekostet hat (wegen Verwicklungen mit der Politik!), stochert Kollege Bukow im Familienleben des vermeintlichen, gedächtnislosen Täters herum, der als IT-Mann in der Firma des Opfers arbeitet. Bukow merkt schnell, dass mit der Ehe des Mannes etwas nicht stimmt und, dass der Mann seinen Chef tatsächlich erpresst hat. In einer Nebenhandlung landet Kommissar Pöschel mit einer Zeugin im Bett, was sich als Fehler heraus stellt, weil sie natürlich in den Fall verwickelt ist. Richtig spannend wirds aber, als der Kripo Rostock der Fall weggenommen werden soll, vom LKA. Gegen die Vorschriften stellen König und Bukow die Tat mit dem Gedächtnislosen nach – da wird dieser erschossen. Durch Zufall finden König und Bukow dennoch den Grund für die Erpressung heraus: Die Firma steckt auf Grund eines Planungsfehlers massiv in Schwierigkeiten und soll mit Steuergeldern gerettet werden – tatsächlich auf Grund von Verstrickungen mit der Politik.