
Ich bin heute darauf hingewiesen worden (Danke, Marion), dass es theater- und/oder literaturwissenschaftlich sehr schwierig ist, die Gattung der Komödie – heute – zu definieren. Das stimmt. Früher, als die Welt noch in Ordnung war, kamen in Komödien mal keine Toten vor und es ging um Liebe. Humor war zweitrangig, ausschlaggebend für die Gattungszuordnung waren die Leichen, die ein Dichter auf dem Kerbholz hatte. Wobei „keine“ Leiche Auslegungssache war, also wenn jetzt ein Gangsterboss oder Schurke oder so starb, um die Handlung in Gang zu bringen, konnte das immer noch als Komödie zählen. Aber heutzutage kann man sich ja noch nicht mal mehr im Fernsehen darauf verlassen, dass Komödien nicht plötzlich ins politisch Korrekte abrutschen und plötzlich zur Öko-Doku-Fiction werden. Naja.

Das war jetzt ein etwas langer Vorspann für einen Blogbeitrag über eine Komödie, nämlich ICH ICH ICH von Eugène Labiche, heute gesehen am Münchner Residenztheater. Aber wo wir schon so schön dialogisch unterwegs sind: Als ich aus der S-Bahn ausstieg, lief vor mir eine alte Dame mit dem auffälligen silbernen Programmheft, ich holte sie ein, winkte mit meinem silbernen Programmheft und fragte: „Und? Wie hat’s Ihnen gefallen?“ – „Ja. Naja, ein bisschen oberflächlich.“ Sie zögerte keinen Augenblick mit ihrem Urteil, erstaunlicherweise. „Aber die Schauspieler sind ja alle sehr gut,“ gab ich zu bedenken. „Ja, wenns auch noch schlecht gespielt wäre – aber es war halt ein bisschen klamaukig.“ – „Es gibt keine richtigen Probleme, gell?“ – „Geld, ja.“ – „Aber nicht existenziell, das findet ja auf einem hohen Niveau statt.“ – „Und Liebe.“ – „Ja.“ – „Ja.“ – „Jedenfalls ist das Programmheft ein gutes Erkennungszeichen.“ Ja, das war ein bisschen lahm als Abschluss des Gesprächs, gebe ich zu, aber wir waren uns ja auch einig, die Dame und ich.

Markus Hering, der den Protagonisten Dutrécy gibt, Oliver Nägele als Freund De la Porcheraie nicht weniger, sind hervorragende Komödienschauspieler, es mangelt auch nicht an guten Spielideen, aber es fehlte der letzte Kick, der letzte Schliff des Timings – es wirkte, ums ganz böse auszudrücken, so, als ob Intendant Martin Kusej es halt niemandem beweisen brauch. Und seine Schauspieler auch nicht. Und das ist ein bisschen schade, ehrlich gesagt, denn hätten sie die angezogene Handbremse gelöst, noch zehn Prozent schneller gespielt, die Slapstick-Pointen noch ein bisschen genauer gesetzt, es wäre ein großartiger Abend geworden. Obwohl es eigentlich um nichts geht, außer Geld. Und Liebe.
Anwendungsgebiete: Ekzeme