
Als ich noch in Freiburg englisches Studententheater gespielt habe, anno ’97 bis ’00, haben wir uns schwerpunktmäßig für zwei Dinge begeistert: Shakespeare und Star Wars. Leider kann man Star Wars aus urheberrechtlichen Gründen nicht auf die Bühne bringen – nicht, dass wir uns sonst viele Gedanken über sowas gemacht hätten, aber bei George Lucas wärs sicher aufgefallen und teuer geworden. Deshalb haben wir halt Shakespeare gespielt, was auch Spaß gemacht hat. Was uns damals fehlte, war die geniale Idee, die Ian Doescher, ein Shakespeare- und Star-Wars-Fan aus Portland, Oregon, hatte: Star Wars in die Form eines Shakespearedramas zu bringen.Alle Zutaten für ein original Shakespearesches Stück sind in Star Wars enthalten: hehre Helden, klare Feindbilder, epische Schlachten – und manchmal sogar gemischte Charaktere. Doescher nahm also den elektronischen Federkiel zur Hand und produzierte ein fünfaktiges Historiendrama; 2013 erschien seine erste Bearbeitung, WILLIAM SHAKESPEARE’S STAR WARS, seitdem folgten auch Episode V und VI in Blankvers.

Ich hatte mich sehr auf die Lektüre dieses Werkes gefreut, und als auf den ersten paar Seiten nach einem eindrucksvollen Prolog C-3PO und R2-D2 wie zwei Shakespeare-Clowns im gerade von imperialen Truppen gekaperten Rebellenschiff herumirrten, fand ich meine Erwartungen erfüllt. „Now is the summer of our happiness / Made winter by this sudden, fierce attack!.“ Richard III., verstarwarst! Genial! Dann tritt Lord Vader auf, schließlich Prinzessin Leia – und langsam setzte beim Lesen Ernüchterung ein. Feststellung 1: Der moderne Shakespeare-Imitator hält sich sklavisch an jede noch so langwierige und undbedeutende Wendung des Drehbuchs. Es wird nicht in einer Szene nach den Plänen für den Todesstern gesucht, sondern den halben ersten Akt über. Feststellung 2, und viel schmerzhafter: Der korrekte Gebrauch von „thou“ und „you“ ist Mr Doescher leider verborgen geblieben. Zu Shakespeares Zeit, im frühen Neuenglisch, wurde (wie heute noch im Deutschen) zwischen „thou/thy oder thine/thee“ als Personalpronomen der zweiten Person Singular und „you“ für den Plural unterschieden, wobei „you“ auch als Höflichkeitsform fungierte. Doescher ersetzt das heutige „you“ durchweg durch „thou“ und seine Cousins, was zu solchen entsetzlichen Verbrechen führt wie: „Good Sir, how farest thou?“ (III.6.8.). Aaaargh. Also wenn schon „Sir“, dann auch „you“! Das eigentlich Erstaunliche an dieser Fehlleistung, die leider das ganze Stück durchzieht (mir ist ein „you“ und ein „ye“ untergekommen, und das waren, glaube ich, ‚Versehen‘ des Autors), ist, dass niemand sie bemerkt hat. Oder wenn doch, dass der Autor sich damit durchsetzen konnte. Hätte ein/e einzige/r Sprachwissenschaftler/in das Manuskript in Händen gehabt, bevor es gedruckt wurde, wäre das nicht passiert. Das soll jetzt kein Gruselkabinett werden, aber ich muss es zitieren: „Why speak’st he here, when ‚tis my time to speak?“ (II.2.47) Richtig wäre: „Speaketh“. „Speakst“ ist für die 2. Person Singular reserviert.

Wenn sie schon die Presse für Korrekturen angehalten hätten, dann hätten sie das Ganze auch noch einem Theatermenschen zu lesen geben können. Der hätte die Hälfte gestrichen und das Ganze wäre vielleicht ein ganz spannendes Stück geworden. Ein Beispiel für ein absolutes Tabu: Der große Showdown im Weltall, die Schlacht um den Todesstern, wird von ALLEN beteiligten Piloten, dem Oberkommando des Imperiums UND der Rebellen in voller Länge „gespielt“. Das Problem ist: Sie reden nur darüber, was sie tun, das aber mit verteilten Rollen. Hallo? Schon mal was von einem Botenbericht, einer Mauerschau, einer Allegorie gehört? Manchmal reicht es halt nicht aus, enthusiastisch zu sein und eine gute Idee zu haben. Ich weiß, wovon ich spreche.