
Eine wesentliche Zutat für Kunst liegt in der Selbstbeschränkung des Künstlers. Wenn ich einen Tisch aus Holz nachbaue, um einen hölzernen Tisch abzubilden, dann erhalte ich vielleicht einen tollen Tisch, aber keine Kunst. Wenn ich Papier und einen Bleistift dazu benutze, siehts schon ganz anders aus, obwohl der Tisch deutlich weniger benutzbar sein dürfte. Der Umweg über ein anderes Medium macht die Beschaffenheit der Dinge sichtbar, und manchmal gehts auch einfach nur darum, Sachen in den richtigen Rahmen zu legen/stellen/setzen, damit sie sichtbar und so zu Kunst werden. Das liebste Objekt der Kunst ist natürlich der Mensch, der seit Menschengedenken und darüber hinaus unter Nutzung aller möglichen verfügbaren Medien abgebildet wurde und wird. Im Zeitalter des Postpost, kurz Popo, bedient sich der Künstler von Welt natürlich gern aus dem Fundus bereits vorhandener Formen und Sachen, statt was Eigenes zu entwickeln. Zum Beispiel Playmobilfiguren. Nein, keine Bange, das wird kein Beitrag über meinen eigenen Quatsch, sondern vielmehr möchte ich ein paar Annäherungen an das „Medium“ Playmobil vorstellen.

Playmobil hat viele Fans, die ihre Kindheit in die Tasche oder in sorgsam gehütete Schatzkästlein gepackt haben, und sie mangels oder wegen sozialer Kontakte immer mal wieder hervor zaubern. Und seit es die Digitalfotografie und das Internet gibt, teilen die vielen Klicky-Fans auch gern ihre mehr oder weniger ausgefeilten Fotos mit anderen. Das findet der Konzern natürlich ganz toll, und unterstützt auch alle möglichen Fanclubs. Auf der Seite deviantart.com gibt es eine schöne Übersicht über einige ausgefallenere inszenierte Fotos, und da wirds gleich viel interessanter, wenn nicht nur heile Welt dargestellt wird.

Gegen den einzelnen Schnappschuss unternimmt Playmobil in der Regel nichts, aber wenn sich jemand systematisch der Playmobilfiguren annimmt, wie der hessische Pfarrer Markus Bomhard, dann untersagt das Unternehmen ganz schnell die Nutzung bzw. Veröffentlichung der mit seinen Figuren gemachten Aufnahmen. Was eigentlich ziemlich erstaunlich ist, denn wenn der Pfarrer es darauf angelegt und mit der Kunstfreiheit argumentiert hätte, schätze ich seine Chancen sehr positiv ein, mit den kleinen Plastikfiguren weiter die Bibel illustrieren zu dürfen. Der Fall machte internationale Schlagzeilen.

Einen ganz anderen Weg bei der Nutzung von Playmobil in künstlerischem Sinne schlägt der Franzose Richard Unglick ein. Seine Fotografien sind Re-inszenierungen von berühmten Szenen der Popkultur, die dann heftig gephotoshopt werden. Mir leuchtet dieser Einsatz von Playmobil nicht so recht ein, denn da die Figuren mit ihrer System-Erscheinung sowieso schon so bunt, glänzend und eben Plastik wie Popart sind, würde doch der Kontrast mit etwas Unfertigem (wie das übrigens bei Bomhard durchaus der Fall ist (oder war) sehr viel mehr Effekt produzieren. Aber Unglick setzt – sehr erfolgreich – auf die Potenzierung des Pop, die Ausdrucke seiner Fotos entstehen sozusagen aus reinem Pop-Konzentrat.

Noch einen Schritt weiter geht der ebenfalls französische Maler Pierre-Adrien Sollier, der teilweise die gleichen Motive wie Unglick mit Playmobil re-inszeniert, das Ganze dann aber in Öl auf Leinwand malt. Das ist schon wieder so ein großer Umweg, dass ich mir vorstellen könnte, dass so ein Playmobil-Delacroix wirken könnte. Muss ich mal live anschauen.